Michael Schaefer
Text_Passage_Loeper
Über die Arbeit Passage von Michael Schäfer
Wiebke Loeper: Text zur Ausstellung Was und verbindet, Villa Heike, Berlin, 2020
Die Arbeiten Passage I und Passage II von Michael Schäfer sind opulent gerahmte Bilder, aufgenommen im offenen Meer. Das erste Bild Passage I entstand 2019 für eine Ausstellung mit dem Titel Zukunft. Wir scheinen uns direkt auf dem Meer zu befinden, in Höhe des Wasserspiegels, der Horizont schwankt. Das Wasser ist im Vordergrund zum Greifen nah, über uns öffnet sich verheißungsvoll der blaue Himmel und tritt hinter zarten, fliehenden Wolken hervor. Die Ferne scheint uns geradezu anzuziehen, willkommen zu heißen in unserer Hoffnung. Das Bild erzählt von Aufbruch und Ziel und scheint sehr ausgerichtet. Doch die Öffnung bleibt leer und erzeugt einen silbernen Widerschein auf dem seltsam dunklen Wasser. Der arabische Schriftzug unter dem Bild scheint versunken, ist beschnitten, kaum lesbar und bleibt uneindeutig. Ist die Ruhe trügerisch, oder die Hoffnung?
Den französischen Schriftzug En toute sécurité (In völliger Sicherheit) trägt das Bild Passage II. Dieses Mal siedelt Schäfer das Bild bei sich selbst an. Auch ihn zieht es aufs Meer, aber aus der Sicherheit heraus, ohne Not - ungeschützt im Seekajak fährt er hinaus und setzt sich aus, aus freien Stücken, in vollem Bewusstsein der eigenen Zerbrechlichkeit. Er begegnet der unendlichen, tiefen Kraft der Elemente. Im Bild bescheint der goldrote Himmel die massigen Wogen. Das Meer erscheint dunkel, wie flüssiges Metall – ein Ort der Freiheit und Kraft, aber auch der Jenseitigkeit.
Der opulente Rahmen beider Bilder scheint unverwundbar und gleichermaßen empfindlich. Einerseits tritt er verspielt und weich auf, andererseits besitzt er die Endgültigkeit einer Grabkammer. Er steht für Fülle, vielleicht Dekadenz und erinnert an Materialien aus der Autoindustrie, die jede Form annehmen können. Dieses Material wird nie vergehen und uns ewig verfolgen, auch wenn es seine Funktion längst verloren hat. Der Rahmen zeigt Wichtigkeit an, doch gleichzeitig verweist er stärker auf sich selbst als auf das Bild, das er rahmt. Als sei er entgleist in sein Ego. Als würde er nicht wissen, dass er das Meer rahmen darf.
Beide Bilder suggerieren einen authentischen Moment des Erlebens. Doch Schäfer fotografiert nicht im flüchtigen Schnappschuss, sondern richtet mitten im Meer die digitale Mittelformatkamera in ihrer ganzen Distinguiertheit, Ruhe und Widersprüchlichkeit zur Situation auf die Urgewalt aus. Himmel und Erde sind montiert und ergeben die Bühne sehr unterschiedlicher existentieller Erfahrungen des Ausgesetzseins zwischen Himmel und Erde, des Getragenwerdens auf dem Wasser - zwischen Ländern und Kontinenten und zwischen Sehnsüchten und Lebensträumen.
Wiebke Loeper ist Fotokünstlerin, lebt in Berlin und ist seit 2008 Professorin für Fotografie an der FH Potsdam. 2020 kuratierte sie die Ausstellung Was uns verbindet in der Villa Heike, Berlin.
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